Stillen und Krebs

DIANA WEST, BA, IBCLC

Ursprünglich veröffentlicht im Dezember 2011, aktualisiert im November 2015 und neu veröffentlicht mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

Übersetzung: Anja Harnisch, LLL Österreich.

Hier findest du Antworten auf einige der häufigsten Fragen, die Mütter haben, wenn sie mit der Möglichkeit oder der Realität einer Krebserkrankung während der Stillzeit konfrontiert werden:

Das Stillen aus einer krebskranken Brust überträgt in keiner Weise Krebs auf das Baby.

Säuglinge weigern sich NICHT immer, aus einer krebsbefallenen Brust zu stillen, obwohl es Babys gibt, die sich weigern, an einer Brust zu stillen, wenn sich der Geschmack der Milch ändert oder die Milchversorgung aufgrund von bösartigem Gewebewachstum abnimmt.

Mikroverkalkungen sind winzige Kalkablagerungen im Brustgewebe, die häufiger bei Frauen auftreten, die gestillt haben, insbesondere über längere Zeiträume. Gleichmäßige Verteilungen sind normal und in der Regel kein Hinweis auf Krebs. Ablagerungen in Clusterform sind wahrscheinlicher bösartig.

Bildgebende Verfahren zur Diagnose von Pathologien (wie Ultraschall, Mammographie, Magnetresonanztomographie (MRT), Positronen-Emissions-Tomographie (PET), 2-Methoxy-Isobutyl-Isonitril (MIBI), elektrische Impedanztomographie (EIT), Computertomographie (CT), Computer-Axial-Tomographie (CAT), Thermographie oder Diaphanographie) sind nicht invasiv und beeinträchtigen weder die Milchproduktion noch die Milchqualität oder -sicherheit. Es kann schwieriger sein, die Ergebnisse des Brustgewebes aufgrund der erhöhten Dichte durch die Laktation zu interpretieren, aber es ist nicht unmöglich. Es ist nicht notwendig, das Stillen für diese Verfahren zu unterbrechen oder auszusetzen.

Ein Ductogramm, bei dem ein Katheter durch die Brustwarze in einen Laktationsgang eingeführt wird, um entweder radioaktiven Farbstoff zu injizieren, der auf Röntgenbildern erkannt werden kann, oder eine Miniaturkamera einzuführen, um die inneren Gangwände sichtbar zu machen, beeinträchtigt weder die Milchproduktion noch die Sicherheit, da es keine Einschnitte oder Gewebeentnahmen gibt und der radioaktive Farbstoff weder vom Gewebe der Mutter noch vom Gewebe des Babys absorbiert wird (siehe unten).

Das Absaugen mit der Nadel zur Entfernung des Inhalts von flüssigkeitsgefüllten Zysten und Galaktozelen beeinträchtigt weder die Milchproduktion noch die Sicherheit.

Eine Biopsie zur Gewebeentnahme für die diagnostische Analyse kann je nach Technik, Menge des entnommenen Gewebes und Lage des Schnittes die Milchgänge oder Nerven schädigen. Einschnitte in den oberen, inneren Quadranten der Brust sind in der Regel am wenigsten schädlich, während Einschnitte um den Warzenhof die Nervenreaktion, die den Milchspendereflex beeinflusst, schädigen können. Auch Narben oder Infektionen durch eine Biopsie können das milchbildende Gewebe schädigen. Einige Chirurgen zögern möglicherweise, Biopsien an einer stillenden Brust durchzuführen, weil es schwieriger sein kann, das betroffene Gewebe zu erkennen, aber es ist möglich, und die Milch verzögert die Wundheilung nicht. Es besteht das Risiko, dass sich eine milchgefüllte Zyste (Galaktozele genannt) entwickelt, die jedoch mit einer Nadeldrainage (Aspiration) behandelt werden kann. Wenn eine Infektion auftritt, kann diese mit Antibiotika, die in der Stillzeit sicher sind, behandelt werden.

Die Strahlung von diagnostischen Verfahren mit Röntgenstrahlen, Mammographien, MRT und CT/CAT-Scans ist während der Laktation sicher. Diese Art von Strahlung hat zwar die Fähigkeit, die DNA in lebenden Zellen zu mutieren, sammelt sich jedoch nicht in der Milch und ist daher mit unterbrechungsfreiem Stillen vereinbar.  Röntgenopake und Röntgenkontrastmittel, die typischerweise bei Duktogramm-, CT/CAT-, MRT-, MIBI- oder PET-Scan-Diagnosetests verwendet werden, sind extrem inert und werden bei oraler Einnahme praktisch nicht absorbiert, so dass sie nicht in die Milch übergehen und es nicht notwendig ist, das Stillen zu unterbrechen, wenn sie verwendet werden.

Radioaktive Isotope, einschließlich radioaktivem Jod, die für diagnostische Tests oder Therapien verwendet werden, sind während des Stillens NICHT sicher, da sich diese Verbindungen in der Milch anreichern und für das Baby gefährlich sind. Insbesondere radioaktives Jod-131 ist nicht nur für das Stillen NICHT sicher, weil die betroffene Milch das Baby schädigen kann, sondern die Mutter ist auch dem Risiko einer Strahlensättigung des Brustgewebes ausgesetzt, wodurch sie einem höheren Brustkrebsrisiko unterliegt. Die Verwendung dieses speziellen Jods erfordert ein vollständiges Abstillen mehrere Wochen vorher, damit das Brustgewebe Zeit hat, sich zurückzuentwickeln, so dass weniger Gewebe geschädigt werden kann. Für die Verwendung anderer Arten radioaktiver Isotope ist ein vollständiges Abstillen nicht erforderlich. Eine Mutter muss das Stillen nur vorübergehend unterbrechen und ihrem Säugling zuvor abgepumpte Milch oder Milchnahrung geben, bis Tests (erhältlich in den meisten radiologischen Abteilungen eines Krankenhauses) zeigen, dass die Isotope nicht mehr in ihrer Milch enthalten sind. In der Zwischenzeit kann sie die Milch abpumpen und verwerfen, um ihre Milchversorgung aufrechtzuerhalten und die Ausscheidung der Strahlung zu beschleunigen. Eine Liste der radioaktiven Isotope und der Dauer ihres Verbleibs in der Milch finden Sie unter neonatal.ttuhsc.edu.

Strahlentherapie ist zerstörerisch für das milchbildende Gewebe und kann die Fähigkeit zur Milchproduktion, manchmal sogar vollständig, reduzieren. Die Brust, die nicht bestrahlt wurde, wird jedoch nicht beeinträchtigt und von dieser kann sicher weitergestillt werden.

Das Stillen während einer Chemotherapie ist absolut kontraindiziert, da die zur Krebsbekämpfung eingesetzten Medikamente hochgiftig sind und in die Milch übergehen. Das Stillen nach Abschluss der Chemotherapie kann möglich sein, entweder durch Relaktation oder als Folge einer weiteren Schwangerschaft, je nach den verwendeten Medikamenten.

Lokalanästhetika gehen nicht in nachweisbaren Mengen in die Milch über, so dass es nicht notwendig ist, das Stillen in irgendeiner Weise zu unterbrechen, wenn diese angewendet werden.

Eine Vollnarkose erfordert weder ein Abstillen noch eine Unterbrechung des Stillens. Sobald eine Mutter vollständig aus der Vollnarkose erwacht ist, ist es sicher, ihr Baby zu stillen oder ihre Milch abzupumpen, da die Medikamente der Vollnarkose schnell verstoffwechselt werden. Wenn sie nicht mehr schläfrig ist, sind die Narkosemedikamente in ihrer Milch nicht mehr aktiv.

Ein Abstillen für eine diagnostische oder gewebentfernende Operation ist fast nie notwendig oder hilfreich. Da nach dem Abstillen noch viele Monate lang Milch produziert werden kann, verbleiben fast immer Milchreste in den Kanälen. Ein abruptes Abstillen kann zu verstopften Milchgängen und infektiöser Mastitis führen. Um das Durchsickern von Milch während des Eingriffs zu minimieren, kann die Brust unmittelbar vor der diagnostischen oder gewebentfernenden Operation durch Stillen oder Abpumpen gründlich entleert werden.

Das Abstillen wird einer Mutter nicht helfen, “ihre Kräfte zu schonen”. Stillen ist wesentlich bequemer und zeitsparender als das Füttern mit der Flasche. Es schafft eine emotionale Bindung und Intimität, die Mutter und Kind nährt, wenn sie es am meisten brauchen.

Das Risiko eines Brustkrebsrezidivs wird durch das Stillen nicht erhöht.

RESSOURCEN
Medications
Lumps and Mammograms
Relactation
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Diana West, BA, IBCLC, ist LLL Beraterin und eine der Co-Autorinnen der LLLI Bücher The Womanly Art of Breastfeeding (deutsch: Handbuch für die stillende Mutter) und Sweet Sleep. Sie ist Co-Autorin mit Lisa Marasco, MA, IBCLC, von The Breastfeeding Mother’s Guide to Making More Milk, und mit Dr. Elliot Hirsch von Breastfeeding After Breast and Nipple Procedures. Sie ist auch Autorin des Clinician’s Breastfeeding Triage Tool und Defining Your Own Success: Breastfeeding After Breast Reduction Surgery.