
LLL Heutre #4 – Weltstillkonferenz

Das International Baby Food Action Network (IBFAN), dem La Leche Liga seit seiner Gründung als Partner angehört, setzt sich für den Schutz von gestillten und nicht gestillten Babys vor dem aggressiven Marketing der Muttermilchersatzhersteller ein.
Alle vier Jahre bringt IBFAN Partner und Forscher zu seiner Weltstillkonferenz zusammen. Im März 2023 hatte ich die Gelegenheit, La Leche League International in Kairo, Ägypten, bei der vierten Ausgabe dieser wichtigen Konferenz zu vertreten. Ich möchte euch, liebe Eltern, Beraterinnen und Freunde von La Leche Liga, einige Punkte mitteilen, die meiner Meinung nach wichtig sind.
Wir müssen für die Durchsetzung des Internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten kämpfen
Der Internationale Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten (der Kodex) wurde 1981 von der Weltgesundheitsversammlung angenommen und von vielen Ländern ratifiziert. Doch trotz seiner Bedeutung wird dieser Kodex nicht ausreichend in nationales Recht umgesetzt. Die Macht der Industrielobbys, das mangelnde Interesse der Gesetzgeber an der Säuglingsernährung und manchmal sogar die Korruption wurden auf der Konferenz als Hindernisse für eine starke Politik zur Umsetzung des Kodex in der Welt hervorgehoben.
Ohne strenge Gesetze zur Durchsetzung der Vorschriften überschwemmen die Hersteller von kommerzieller Milchnahrung (CMF) weiterhin die Familien (und die Angehörigen der Gesundheitsberufe!) mit irreführender Werbung, Anreizen, Elternclubs usw. – alles auf Kosten der öffentlichen Gesundheit. Die jüngsten Berichte von WHO und UNICEF sind formell: Verstöße gegen den Kodex sind eine echte Geißel [1]. Die Bürger müssen dringend mobilisiert werden: Informiert euch und sprecht mit eurer LLL-Beraterin oder IBFAN, um weitere Informationen zu erhalten.
Alle Eltern sind Opfer von missbräuchlichem Marketing
Handelsübliche Milchnahrung ist kein Produkt wie jedes andere, und die Durchsetzung des Kodex ist für nicht gestillte Babys von entscheidender Bedeutung. Ohne die enormen Marketingausgaben der Hersteller von Säuglingsmilchnahrung wäre die Milchnahrung für Familien, die sie benötigen, viel erschwinglicher. Der Kodex zielt nicht darauf ab, den Verkauf von Säuglingsanfangsnahrung zu verbieten, sondern soll den informierten Zugang zu einer gesunden, von kommerziellen Interessen unbeeinflussten Auswahl gewährleisten.
Marketing spielt mit den Ängsten der Eltern
Viele Stillbeziehungen könnten geschützt werden, wenn die Eltern nicht so sehr den Botschaften der Hersteller von kommerzieller Säuglingsnahrung ausgesetzt wären. Die Angst vor zu wenig Milch, die Angst, dass Muttermilch nicht “gut genug” ist, und die Angst, dass Weinen, Blähungen, Koliken oder Erbrechen des Säuglings pathologisch sind, werden in “New Mother Clubs”, in sozialen Medien, in Newslettern, in Einzelhandelsgeschäften usw. geschürt. Natürlich bieten die Hersteller für jedes Problem ein bestimmtes Produkt als Lösung an! Es ist irreführend, so zu tun, als ob ein Ersatzprodukt die einzige Lösung wäre! [2]
Für jede Sorge oder jedes Problem im Zusammenhang mit dem Stillen gibt es Antworten und viele Lösungsvorschläge, die vom Gesundheitssystem angeboten werden können. Die Unterstützung durch Organisationen wie La Leche Liga ist ein wichtiges Bindeglied in diesem Gesundheitsnetzwerk. Wenn du Zweifel, Fragen oder Sorgen hast, hat La Leche Liga nichts zu verkaufen, aber sie ist für dich da.
Ein vorgetäuschtes Pro-Stillen-Image
In vielen Teilen der Welt haben die Hersteller von kommerzieller Säuglingsnahrung bereits zu Schwangeren Beziehungen aufgebaut. Sie haben sogar Milchpulver für schwangere Frauen entwickelt! Diese ultra-verarbeiteten Produkte, die oft einen hohen Anteil an zugesetztem Zucker enthalten, sollen die für die Gesundheit der Mutter und ihres ungeborenen Kindes notwendigen Nahrungsergänzungen liefern [3]. Mit Slogans und Kampagnen [4] versuchen die Unternehmen, ein stillfreundliches Image zu schaffen, das uns fast vergessen lässt, dass ihr Hauptziel darin besteht, Gewinne zu erzielen. Die einzige Möglichkeit, ihre Gewinne zu steigern, besteht gerade darin, die Stillraten zu senken und die traditionellen lokalen Ernährungsgewohnheiten zu ändern.
Viele Studien zeigen, dass der Einfluss des Marketings auf die Verbraucher real ist [5]. Marketing beeinflusst nicht nur Eltern, sondern auch Fachkräfte im Gesundheitswesen [6]. Für Gesundheitsdienstleister kommt dieses Marketing in Form von Stipendien und Studienreisen, Geschenken von Geräten, gesponserten Konferenzen und Kongressen usw. Der medizinische Sektor sollte ethisch untadelig sein, aber leider sind Interessenkonflikte in vielen Berufen üblich.
Die Konferenz dauerte drei sehr voll gepackte Tage lang. Täglich nahmen fünfhundert Personen teil. Fast 80 Redner boten Informationen zu vielen anderen Themen als dem Kodex. Für weitere Informationen könnt ihr mich gerne kontaktieren.
Photo: La Leche Liga auf der 4. Weltstillkonferenz. Von links nach rechts: Stefanie Rosin (LLL Deutschland), Amina Hanifia (LLL Ägypten), Charlotte Codron (LLL Türkei und LLLI Internationaler Kodex und Ausschuss für Interessenkonflikte).
[1] How the marketing of formula milk influences our decision on infant feeding. Geneva: World Health Organization; 2022
Scope and impact of digital marketing strategies for promoting breast-milk substitutes. Geneva: World Health Organization; 2022
[2] Chris van Tulleken. “Trojan Formula: How companies use normal infant behavior as a marketing tool.” Für weitere Informationen lesen Sie van Tulleken C. Overdiagnosis and industry influence: how cow’s milk protein allergy is extending the reach of infant formula manufacturers BMJ 2018; 363 :k5056 doi:10.1136/bmj.k5056
[3] Constance Ching. “Beliefs and norms associated with the use of Ultra-Processed Commercial Milk Formulas for Pregnant Women in Vietnam.” Based on Nguyen TT, Cashin J, Ching C, Baker P, Tran HT, Weissman A, Nguyen TT, Mathisen R. Beliefs and Norms Associated with the Use of Ultra-Processed Commercial Milk Formulas for Pregnant Women in Vietnam. Nutrients. 2021 Nov 19;13(11):4143. doi: 10.3390/nu13114143. PMID: 34836398; PMCID: PMC8621914.
[4] Patti Rundall et Elisabeth Sterken. “The business of malnutrition – How corporations use the humanitarian image.”
[5] The Lancet Series on Breastfeeding, Februar 2023.
[6] Laurence Grummer-Strawn. “Sponsorship of healthcare professional associations, why this is a problem, and what the Code says about it.”